Fünf gute Gründe für eine kuratierte Zerstörung

1. Fokussierung:

Im Entstehungsprozeß eines Kunstwerkes ist die Zerstörung durch die schaffende Künstlerin allgegenwärtig und ein notwendiger Teil ihrer Arbeit. Entscheidungen erfordern eine Auswahl und damit entsteht Ausschluss. In einem Gemälde beispielsweise werden Stellen übermalt oder sogar als Ganzes verworfen. Auch werden verworfene Werke aus Platzgründen häufig ausgesondert.

2. Nachlassverwaltung:

Durch die hohe Anzahl von professionellen Künstlerinnen entstehen vielfältige Positionen und umfangreiche Werkreihen. So hinterlassen immer mehr Künstler immer mehr Werke. Es wird zunehmend zu einem Problem Nachlässe zu verwalten und adäquat aufzubewahren. Der Deutsche Künstlerbund empfiehlt bereits eine sogenannte bewahrende Zerstörung: Kunstschaffende sollten schon zu Lebzeiten aussortieren und ihren Nachlass sinnvoll komprimieren*. Unterstützend kann hier auch Shred d' Art agieren, um die Kunstmasse kuratiert zu verringern.

3. Befreiung:

Die Zerstörung eines Werkes kann auch eine Befreiung für den Künstler darstellen, denn ein geschaffenes Werk kann bedrücken oder auf einen ungewollten Weg zwängen. Indem man sich von einem schwierigen Schaffensprozeß löst, entsteht die Freiheit von Null anzufangen.

4. Stille und unkuratierte Zerstörung:

Es gibt viele Kunstwerke, die niemals ausgestellt werden. Dies kann an einer fehlenden Wertschätzung der eigenen Kunstwerke liegen oder an begrenztem Lagerplatz. Über die Zeit werden diese Kunstwerke durch eine falsche Lagerung unbemerkt beschädigt oder aus Platzmangel mutwillig zerstört.

5. Unüberschaubarkeit:

Sie verleitet zu übereilten Kategorisierungen und damit zur Abwertung einer künstlerischen Arbeit durch die Meinung “so etwas bereits gesehen zu haben”. Die unüberschaubare Menge der Kunstwerke schmälert die Aufmerksamkeit für die einzelne Arbeit. Akut wird dies auf Kunstevents, wie Gallery Weekends oder Kunstmessen, wo die Kunstbetrachtung zum Volksfest gerät und die konfuse Suche nach dem nächsten Highlight dominiert.

* „(...) Denn die Menge, die auf uns kommt, ist einfach weitaus größer als das, was wir bisher hatten. (...)“
“(...) Was aber mit Sicherheit gesagt werden kann ist folgendes, dass es Sinn macht, sich im Laufe eines Lebens immer wieder neu zu sortieren und entsprechend dann auch sich möglicherweise von Dingen zu trennen, denn es macht ja Sinn, das Ganze als Lebenswerk oder als Gesamtwerk zu gestalten, und da gehört dieses Aussortieren eigentlich als künstlerischer Prozess hinzu. Es ist nicht so, wie das immer dargestellt wird, man soll die Dinge wegwerfen. Das ist eine sträfliche Verkürzung und eine Verallgemeinerung. Ich glaube, jeder Künstler wird das sofort unterschreiben, dass man aussortiert und dass man sich sortiert und dass man dabei Dinge auch möglicherweise entsorgt, das ist eigentlich selbstverständlich.“

(Frank Michael Zeidler, Vorsitzender des Deutschen Künstlerbundes, im Interview zum Thema „Umgang mit Künstlernachlässen“, Deutschland Funk, 21.01.2016)